„In diesem Jahr wird alles anders“

Alle Jahre wieder kommt diese Zeit, in der ich alles so mache wie jedes Jahr in der Adventszeit: Ich hole diese Kiste aus dem Keller. Mit Lichterketten und Kerzenhal-tern für mehr Wärme und Licht. Mit Strohsternen fürs Fenster für mehr Hoffnung.
Alle Jahre wieder hole ich mit der Weihnachtskiste aus dem Keller auch die Bücher mit den Plätzchenrezepten aus dem Regal. Einigen Seiten sieht man an, dass sie oft benutzt wurden. Weil eben alle Jahre wieder Zimtsterne gebacken werden und Vanillekipferl und Ausstechkekse in allen möglichen Formen.
Alle Jahre wieder frage ich mich aber auch: Sollte ich nicht dieses Jahr mal etwas anders machen? Die Wohnung anders schmücken? Neue Plätzchenrezepte auspro-bieren? Alle Jahre wieder fasse ich neue Vorsätze für die Adventszeit: Dass ich diesmal früher mit der Geschenkesuche anfange. Dass ich diesmal die Weihnachts-karten selber bastle. Ja, dass ich diesmal alle meine Rituale sein lasse und alles ganz anders wird! Sowas nehme ich mir ja auch für den Jahreswechsel vor: Dieses Jahr wird alles ganz anders! Damit nehme ich mir ja auch vor: Dieses Jahr werde ich ganz anders! Und…?
Alle Jahre wieder wird doch nichts anders. Oder doch? Wenn ich Mitte Januar die letzten Zimtsterne esse und den letzten Strohstern vom Fenster nehme, bin ich froh, dass bei mir alles beim Alten geblieben ist. „Wie immer“ war es nämlich trotzdem nicht. Weil Andere schon reichlich Neues in mein Leben bringen (auch in meine Keksdosen in der Adventszeit). Weil das schön ist und gut tut.
Alle Jahre wieder liegt vor mir in diesen Tagen ein neues Jahr. Ein neues Kirchenjahr und ein neues Kalenderjahr. Es liegt da wie ein leeres Blatt Papier und wartet auf meine guten Vorsätze. Diesmal werde ich keine fassen. Stattdessen nehme ich einen Stift und schreibe in großen Lettern über die ganze Seite und das ganze Jahr einen einzigen Satz: Alles hat seine Zeit. Vor ein paar tausend Jahren hat jemand diesen klugen Satz aufgeschrieben und wieder andere fanden ihn so wichtig, ihn in die Bibel aufzunehmen. Ich finde, man sollte diesen Satz öfter sagen. Oder schrei-ben. Am besten alle Jahre wieder, oder?
Eine frohe Adventszeit und einen fröhlichen Jahreswechsel wünscht Pfarrerin Friederike Lambrich