Die christlichen Zeitgenossen des Johannes, die diese Zeilen in seiner Offenbarung lasen, die er auf der Mittelmeerinsel Patmos geschrieben hatte, werden vielleicht mit dem Kopf geschüttelt haben. Wie konnte der Verfasser des letzten Buches im Neuen Testament nur eine solche Lobeshymne auf Gott zu Papier bringen? War angesichts der Situation der Christinnen und Christen in Kleinasien um das Jahr 90 n. Chr. nicht eher ein Gebet um Hilfe für die Verfolgten angebracht? Schließlich wurden sie wie nie zuvor von der heidnischen Bevölkerung und dem römischen Staat drangsaliert. Der regierende Kaiser Domitian wollte öffentlich als Gott verehrt werden. Dies war mit ihrem Glauben nicht vereinbar, so dass die Todesstrafe drohte. Dazu kamen lokale Pogrome durch die heidnische Bevölkerung, die immer wieder aufflammten. Nicht wenige Christen fielen vom Glauben ab.
Der Seher Johannes wollte in dieser Situation mit seiner Apokalypse Trost und Mut für die Christinnen und Christen in der Bedrängnis spenden. Gott hatte ihm die Ereignisse am Ende der Zeit offenbart, wenn Christus wiederkomme und Gott sein Reich aufrichte. Johannes‘ Botschaft war trotz der für uns heute fremden Sprachbilder klar und deutlich: Gott wird in Jesus Christus siegen und sein ewiges Reich aufrichten. Und darin werden weder Leid noch Schmerzen noch Tod Bestand haben. Es wird ein ewiges Friedensreich sein. Wenn der römische Kaiser jetzt auch wütet und die Christen leiden, wird Gott sich als der Sieger erweisen. Diese Botschaft sollte den Christen Mut und Hoffnung geben, um ihren Glauben zu bewahren.
Ich kann mir vorstellen, dass auch heute manche fragen, die diesen Monatsspruch lesen, wie kann man diesen Vers nachsprechen angesichts von Klimawandel, Krieg in der Ukraine und Corona-Pandemie? Wäre nicht eine Klage angebrachter? Die Antwort kann ähnlich wie damals lauten: Das Wissen um das gute Ende von Gott her und unser Vertrauen, dass er uns in Christus immer nahe ist, schenken uns Hoffnung für die Zukunft. Und unser Glaube gibt uns Mut und Kraft, für eine bessere Zukunft zu beten und dafür aktiv einzustehen. Machen wir uns die Zeilen von Hans-Joachim Eckstein zu eigen: „Es mag wie ein Widerspruch klingen, aber wer mit seinem Herzen ganz bei Gott ist und sich schon auf den Himmel freut, der hebt nicht etwa ab, er bleibt auf dem Boden. Er lässt sich von der Größe und Schönheit des Himmels beflügeln und steht mit beiden Beinen auf der Erde.“
Pfarrer Joachim Schuler