Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! (Lukas 6,36 Jahreslosung 2021)

Liebe Gemeinde,

ich schreibe diese Zeilen an der Wende der Jahre. Ein Jahr liegt hinter uns, wie  wir es noch nie erlebt haben. Seit dem Frühjahr hatte und hat Corona uns und unseren Alltag fest im Griff. Einschränkungen wechselten  mit Lockerungen und mit Lock-down. Gebannt haben wir auf die Inzidenzwerte geschaut, erschüttert die Zahl der Toten steigen sehen.

Das letzte Osterfest konnten wir nicht wie gewohnt feiern, es gab keine Präsenzgottesdienste. Und wer erwartet oder gehofft hatte, dass es zu Weihnachten anders werden würde, sah sich spätestens eine Woche vor dem Fest enttäuscht. Jetzt hoffen wir auf ein besseres Jahr 2021. Wir hoffen und beten, dass wir, unsere Angehörigen und Freunde gesund bleiben oder gesund werden. Wir machen uns Sorgen und Gedanken, die um Arbeitsplatz und wirtschaftliche Lage kreisen.

Und hoffentlich vergessen wir nicht, was im vergangenen Jahr so wichtig war, das was mit dem Begriff Solidarität ausgedrückt wird. Jeder, der eine Maske getragen, jede, die auf Kontakte verzichtet, jeder, der für einen Nachbarn in Quarantäne eingekauft, jede, die regelmäßig telefonische Kontakte gepflegt hat, jeder, der an den Mitmenschen gedacht und für ihn  etwas getan hat, jeder, der das Wort „Einer trage des anderen Last“ (Galater 6, 2) gelebt hat, jeder, der so gehandelt hat, hat sich als solidarisch erwiesen.

Die Bibel kennt das Wort nicht. Doch sie kennt das Verhalten, sie kennt die Haltung, die Verhalten bestimmt und prägt.

In der Bibel heißt eines der Worte, das Solidarität umschreibt: Barmherzigkeit.

Ein Blick auf das Wort in der Ursprache der Heiligen Schrift erhellt und verdeutlich seine Bedeutung.

In der Hebräischen Sprache bestehen alle Worte, Substantive wie Verben aus drei Buchstaben, die durch Vor- oder Nachsilben ihre jeweils besondere Bedeutung erlangen.

Das Grundwort für Barmherzigkeit bedeutet „Gebärmutter“.

Dieser Raum, in der Mitte der Mutter schafft neuem Leben Raum, behütet und schützt es, gibt Geborgenheit und Lebenskraft.

Von diesem Raum, aus dem wir alle kommen, abgeleitet ist die Haltung der Barmherzigkeit. Sie schafft neuem Leben Raum, behütet und schützt, gibt Geborgenheit und Lebenskraft. Wie eine Mutter ihr Kind umsorgt, alles für sein Wohl zu tun, ja zu opfern bereit ist, so wendet sich Barmherzigkeit dem Nächsten zu.

Die Motivation dazu kommt aus der selbst empfangenen Zuwendung und Fürsorge.

Die Jahreslosung erinnert uns daran, dass zuerst und zunächst Gott uns mit der Haltung einer Mutter begegnet, uns Lebensraum schafft und ihn erhält, uns mit einem aus der Mitte seines Sein kommenden Liebe begegnet. Weil wir das erfahren dürfen, weil das Grund unseres Lebens ist, darum können, darum sollen wir dem Menschen mit eben dieser Haltung und den entsprechenden Handlungen begegnen.

Und wie Gott nie damit fertig wird, uns mit Liebe zu begegnen, so bleibt es auch unsere lebenslange Aufgabe, die Barmherzigkeit, die wir empfangen haben weiterzugeben.

 

Mit dem Wunsch

„Bleiben Sie gesund“

grüßt Sie

Pfarrer Rolf Klein