ich schreibe diese Zeilen wegen des Redaktionsschlusses unseres Gemeindebriefs Anfang November 2020. Es ist gerade der zweite Tag des neuerlichen Lockdowns in Deutschland. An den Diskussionen im Fernsehen und den Berichterstattungen in den Zeitungen ist vor allem eines wahrzunehmen: Die Gefühlswellen schlagen hoch! Angst und Unsicherheit erfassen immer mehr Menschen wegen der rasant steigenden Infektionszahlen. Befürchtungen kommen hoch, wie eine nochmalige soziale Kontaktreduzierung von vielen verarbeitet werden kann. Enttäuschung ist auszumachen, ja bei manchen auch Wut, weil sie ihre wirtschaftliche Existenz bedroht sehen. Und viele fragen sich, ob wir Ende Dezember wirklich etwas unbeschwerter Weihnachten werden feiern können?
Auch ich beginne in diesen Tagen mit der Vorbereitung für Weihnachten. Da fällt mir ein Lied in die Hand, das zu meinen weihnachtlichen Lieblingsliedern gehört: Paul Gerhards „Ich steh an deiner Krippen hier“ (Ev. Gesangbauch, Nr. 37).
Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und lass dir’s wohlgefallen.
Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen;
und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen.
O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer,
dass ich nicht möchte fassen.
Wann oft mein Herz im Leibe weint und keinen Trost kann finden,
rufst du mir zu: „Ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden.
Was trauerst du, o Bruder mein? Du sollst ja guter Dinge sein,
ich zahle deine Schulden.“
Paul Gerhard 1653
Paul Gerhard verfasst geradezu eine Liebeserklärung an das Jesuskind in der Krippe, die in der Anbetung Gottes in Jesus Christus gipfelt. „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen; und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen.“ Für Paul Gerhard, der während des Dreißigjährigen Krieges lebte und viel Leid gesehen hat und selbst ertragen musste, ist es aber keine einseitige oder gar grundlose Liebe, weil er sich gewiss ist, dass Gott ihn liebt und für ihn immer da sein wird: „Wann oft mein Herz im Leben weint und keinen Trost kann finden, rufst du mir zu: „Ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden.“
Noch mehr als in den Jahren zuvor rühren mich diese Zeilen von Paul Gerhard an, weil sie uns an das Eigentliche der Weihnachtsbotschaft erinnern: Gott ist im Kind in der Krippe zu uns gekommen, weil er uns liebt und wir bei ihm gut aufgehoben sind. Gerade in diesen nicht einfachen Zeiten will uns dieses Lied Trost und Zuversicht im Glauben schenken.
Ich wünsche uns allen eine besinnliche Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest. Bleiben Sie behütet!
Ihr Pfarrer Joachim Schuler