Ein Spiegel auf dem Titelblatt?
Na toll, denke ich, schaue hinein und stutze, denn mein inneres Bild von mir ist ein bisschen anders. War ich nicht gestern noch jung und fit, mit breitem Grinsen unter dem blonden Pony? Und nun hat das Leben - nicht nur bei den Haaren - seine Spuren hinterlassen: Spuren von schlecht durchschlafenen, aber auch von gut durchfeierten Nächten, Spuren tiefer Trauer, aber auch übergroßer Freude, Spuren von Sonne im Gesicht und Spuren von minderwertigen Hautcremes. Na ja, jetzt sehe ich halt so aus, wie ich eben aussehe. Ich gewöhne mich schon noch daran. Ich bin nun mal ein Mensch, mit allem, was dazu gehört.
Und da ist sie schon, die Frage: „Was ist der Mensch?“
Der Mensch ist in erster Linie Geschöpf Gottes, aber auch sein Ebenbild. Im Buch Genesis 1,27 steht geschrieben: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Wenn ich also in den Spiegel schaue, schaut Gottes Ebenbild heraus.
Noch ein zweiter Bibeltext macht mich nachdenklich: der wunderbar staunende Schöpfungspsalm 8:
„Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht. HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!“
Demnach ist der Mensch einerseits eines von unendlich vielen Geschöpfen. Von all diesen Geschöpfen steht er aber andererseits Gott am nächsten. Daraus folgert der Psalmbeter, dass sich der Mensch als Gottes Vertreter hier auf Erden um die Mitgeschöpfe zu kümmern hat. „Bebauen und bewahren“, das ist der göttliche Auftrag nach Genesis 2,15. Wie genau das aussehen soll, wer weiß das schon?
In den Zweifeln und Unsicherheiten unserer Zeit hilft mir ein Satz aus Bonhoeffers Gedicht „Wer bin ich“ weiter, das er im Juni 1944 in seiner Zelle im Militärgefängnis Berlin-Tegel niederschrieb:
„Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“
Ich bin mir sicher: In der Verbindung mit Gott halten auch wir dem Blick in den Spiegel stand.
Bleiben Sie gesegnet und behütet,
Ihre Regina Löwenstein-Hausmann