Wenn es abends später dunkel und morgens früher hell wird, wenn die gestresste Kollegin entspannt zur Arbeit kommt und sogar der zeternde Nachbar mehr lächelt als sonst, weiß ich: Es ist Sommerloch. Jene nachrichtenarme Zeit, in der Schreckensmeldungen und Hiobsbotschaften mit aller schlechten Laune und Angstmacherstimmung in ein tiefes Loch fallen und für ein paar Wochen aus den Augen, aus dem Sinn sind. Jene Zeit also, in der die unausgesprochene Regel es den Nebensächlichkeiten erlaubt, ganz offiziell zum Tagesthema zu werden: Königlicher Nachwuchs, Fußballerwaden, wunderliche Tiere in heimischen Gewässern oder Ähnliches. So weit, so gut. Man wird sich wohl noch ablenken dürfen.
Leider ist das Sommerloch mehr als gute Laune, fröhliche Menschen und lustige Themen. Leider ist es auch jene Zeit, in der immer wieder politische Entscheidungen getroffen werden, die an den abgelenkten Menschen und Nachrichtendiensten fast spurlos vorbeigehen. Während man also beim Elfmeterschießen nervös auf dem Strohhalm herumkaute oder den Olympioniken die Daumen drückte, wurden in Berlin in den letzten Jahren Mehrwertsteuer oder Krankenkassenbeiträge erhöht. In diesem Jahr geht es um die Reduzierung von Datenschutz. Und niemand hat’s gewusst. Was für ein Sommer!
Dazu fällt mir nichts mehr ein. Außer einem Sprichwort: Wer anderen eine Grube gräbt… Den Rest kennen Sie. Und nicken vielleicht heimlich. Weil Sie sich auch fragen, wann Schluss ist mit politischen Alleingängen und wann „die da oben“ endlich anfangen, im Interesse der Menschen zu handeln und zu entscheiden. Es wird ja alles immer schlimmer im Leben und in der Welt.
Solche Gedanken dachten vielleicht schon die Menschen, die in den Jahrhunderten vor Christus lebten und glaubten. Wenn man die Sprichworte liest, die im 26. Kapitel im „Buch der Sprüche“ in der Bibel gesammelt sind, bekommt man zumindest diesen Eindruck. Als bestünde das Leben nur aus Lügen, Hass, Streit, Verleumdung, Betrug, (verbalen) Verletzungen und Menschen mit pessimistischer Lebenseinstellung. Und als hätten es noch nicht alle begriffen, dass die Dummen, Bösen und Faulen für diese schlechte Welt verantwortlich sind. Herr, lass Hirn regnen vom Himmel!
Kommt mir ziemlich bekannt vor. Solche Sätze höre ich in letzter Zeit öfter. Manche spreche ich mit. Meistens bete ich aber für was anderes: Dass weniger Gruben gegraben und Fallen gestellt, dafür mehr Hände gereicht werden. Für mehr Sommer und weniger Loch, also für mehr Lachen im Herzen und Schmunzeln auf der Seele. Erst recht in dieser Welt! Oder?
Anhaltende Sommerlaune wünscht
Pfarrerin Friederike Lambrich